Die Seuchenlage in Ungarn und der Slowakei scheint sich bislang nicht zu beruhigen. Seit Mitte März gibt es mehrere Fälle von Maul- und Klauenseuche (MKS) in beiden Ländern (wir berichteten). Während Ungarn bis anhin vier Fälle von MKS bestätigt, traten in der Slowakei nach aktuellen Informationen sechs Fälle auf. Verzeichnet wurde der aktuellste Fall am Dienstag 8. April in der Slowakei. Tausende Rinder werden aktuell aufgrund des Seuchengeschehens gekeult.
32 Grenzübergänge geschlossen
Aufgetreten sind alle Fälle in geografischer Nähe zu Österreich. So nahe, dass die Überwachungszonen teilweise sogar in österreichisches Staatsgebiet reichen. Zwar konnte bisher noch kein MKS-Fall in Österreich festgestellt werden, dennoch bleibt die Lage im Schweizer Nachbarland angespannt. Die Sicherheitsmassnahmen wurden erhöht. Neben den bereits festgelegten Schutzmassnahmen wurden weitere per 5. April eingeführt. Unter anderem wurde das bereits bestehende Importverbot für frisches Fleisch, Rohmilch, Gülle, Mist, Wildbret und Jagdtrophäen auf Stroh und pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Ländern ausgedehnt. Weiter wurde die Umsetzung der Biosicherheitsmassnahmen auf allen Tierhaltungsbetrieben verstärkt. Das Führen eines Besucherprotokolls über betriebsfremde Personen in den Stallanlagen wird Pflicht.
Daneben setzt das Land weiter auf polizeiliche Unterstützung. Laut Landwirtschaftskammer Oberösterreich wurden 32 kleinere Grenzübergänge vorübergehend zur Vorbeugung eines Seucheneintrags über wenig frequentierte Routen geschlossen. Weiter sollen mobile Fahrzeugkontrollen inklusive Dokumentenprüfung und Kontrolle der Transportbedingungen stattfinden.
Handelspartner stoppen Import
Von Gertraud Schüpbach, Epidemiologin an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern, will die BauernZeitung wissen, weshalb die Lage für Österreich so beunruhigend ist. «Die Maul- und Klauenseuche gehört zu den Tierseuchen, die den grössten wirtschaftlichen Schaden anrichten», erklärt sie. Ein Ausbruch habe nicht nur die Tötung aller betroffenen Tiere zur Folge, sondern führe auch zu einer umfassenden Sperre des Tierverkehrs und einem Zusammenbruch der Exporte. «In Deutschland wurde der Schaden, der Schweinehaltern durch den diesjährigen Ausbruch entstanden ist, auf 200 000 Euro pro Woche geschätzt. Dabei war nur ein Betrieb mit Wasserbüffeln betroffen und es gab keine weiteren Ansteckungen», verdeutlicht Schüpbach.
Obwohl Österreich bislang frei von MKS ist, haben laut «Top Agrar» erste Handelspartner (USA, Kanada, Japan, das Vereinigte Königreich sowie Bosnien-Herzegowina) Importstopps gegen österreichische Rind- und Schweinefleischprodukte sowie Rohmilch verhängt. Während das Importverbot in Bosnien-Herzegowina nur für Niederösterreich und das Burgenland gelte, besteht in Japan auch ein Importverbot für in Österreich verarbeitete Fleisch- und Milchprodukte. Wie lange die Importstopps dauern werden, könne nicht abgeschätzt werden, schreibt «Top Agrar».
Müsste der Export Österreichs aufgrund eines Seuchenfalls gestoppt werden, würde dies auch für die Schweiz deutlich spürbar, weiss Peter Bosshard, Geschäftsführer des Schweizer Viehhändlerverbands (SVV). «Das Importkontingent von Zuchttieren beträgt insgesamt 1200 Stück, davon kommt ein grosser Anteil aus Österreich», erklärt Peter Bosshard gegenüber der BauernZeitung.
Was macht die Schweiz?
Und welche Vorkehrungen wurden bisher von der Schweiz getroffen? «Zurzeit verordnet die Schweiz keine zusätzlichen Massnahmen, die über diejenigen der Mitgliedstaaten der EU hinausgehen», so das Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (BLV) auf Anfrage der BauernZeitung. Im Seuchenfall werden von den zuständigen Behörden Sperrzonen um das betroffene Gebiet festgelegt. «Aus diesen Sperrzonen dürfen die betroffenen Tiere und Tierprodukte gar nicht oder nur mit Genehmigung in den Handel gebracht werden», so das BLV weiter. Betroffen von der Regelung sind alle Paarhufer und Rüsseltiere (Rinder, Büffel, Schafe, Ziegen, Schweine, Kameliden, Hirschartige) lebend oder in Form ganzer Tierkörper, ihr Zuchtmaterial, alle Arten von Fleisch, Kolostrum, Milch und Milchprodukte, alle tierischen Nebenprodukte, einschliesslich Häute, Felle und Wolle, aus Schlachthöfen oder Jagd (gewerblich und privat), sowie Stroh und Heu. «Die Schweiz ist in engem Austausch mit den Vertretern der EU-Mitgliedstaaten, um koordiniert gegen die Ausbreitung der Seuche vorzugehen», so das BLV.
Schützen Sie Ihren Betrieb vor MKS
Der Eintrag und die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche würden zu verheerenden Folgen für die Schweizer Landwirtschaft führen. Aus diesem Grund ist es wichtig, vorzeitig Massnahmen zu ergreifen, um einen Seuchenausbruch zu verhindern. Folgendes gilt es zu beachten:
• Biosicherheit einhalten: gute Reinigung und Desinfektion der Stiefel, betriebseigene Kleidung für alle, die den Betrieb betreten.
• Sensibilisierung von Arbeitern und Saisonniers aus betroffenen Ländern: keine tierischen Lebensmittel von zu Hause mitbringen, möglichst kein Kontakt mit Klauentieren beim Besuch im Heimatland oder zumindest nicht kurz vor Rückreise in die Schweiz.
• Bei Urlaub in betroffenen Ländern keine tierischen Lebensmittel in die Schweiz bringen und kein Kontakt mit Klauentieren in betroffenen Ländern während des Urlaubs.
• Keine Verfütterung von Speiseresten. Achten Sie auch darauf, dass Besucher/Passanten die Tiere nicht mit Speiseresten füttern können.
• Tiere gut beobachten und bei verdächtigen Symptomen einen Tierarzt oder eine Tierärztin zuziehen.
• Kaufen Sie keine Futtermittel oder Stroh/Heu von betroffenen Ländern zu.
Kommt MKS in die Schweiz?
Und wie schätzt Epidemiologin Gertraud Schüpbach das Risiko ein, dass die Maul- und Klauenseuche auch in die Schweiz gelangt? «Solange Österreich frei von MKS bleibt, ist das Risiko für die Schweiz nur leicht erhöht. Dass es nun dieses Jahr bereits zweimal neue Ausbrüche in europäischen Ländern gegeben hat, die seit Jahrzehnten frei von der Krankheit waren, zeigt aber, dass es auch die Schweiz jederzeit treffen kann.»
Aufgrund der sehr ähnlichen Symptome der MKS mit der aktuell in der Schweiz verbreiteten Blauzungenkrankheit Serotyp 3 bestehe zudem durchaus eine Gefahr, dass MKS nicht erkannt werde. Aus diesem Grund sei es deshalb sehr sinnvoll, bei klinischen Verdachtsfällen auf Blauzungenkrankheit auch eine Ausschlussuntersuchung auf MKS zu machen. «Im Januar und Februar wurden laut BLV sechs Ausschlussuntersuchungen für MKS gemacht, dies ist mehr als im langjährigen Durchschnitt», erklärt die Epidemiologin.
Dass die Seuche bereits jetzt Schweizer Landwirt(innen) und Viehhändler beschäftigt, weiss Peter Bosshard. «Ich erhalte extrem viele Fragen zur Maul- und Klauenseuche. Auch in der Schweiz ist man unsicher.» Während die Seuche der älteren Generation vom letzten Ausbruch 1980 in der Schweiz noch bekannt sein dürfte, kenne die jüngere Generation das Virus nicht mehr. «Es braucht ein gesundes Mass zwischen Überreaktion und Vorsicht gegenüber dem Virus», erklärt Bosshard. Der wichtigste Punkt sei für ihn die Sensibilisierung der Landwirte, Viehhändler und Tiertransporteure gegenüber der Biosicherheit. Dabei gehe es teils um rudimentäre Massnahmen und es mangelt oftmals an der Umsetzung der Biosicherheitsmassnahmen. Wichtig sei zudem, nicht zu denken, es bestehe kein Risiko für die Schweiz, nur weil das Virus noch weit weg ist.
Was ist MKS?
Die Maul- und Klauenseuche ist eine hochansteckende Viruserkrankung. Mit dem Wind kann sie über mehrere Kilometer transportiert werden. «Die wichtigsten Übertragungswege sind aber der Tierhandel, Kontakte zwischen Betrieben und die Verfütterung von Fleisch und Fleischerzeugnissen aus betroffenen Regionen», erklärt Epidemiologin Gertraud Schüpbach. Vor allem Schweine scheiden in der akuten Phase der Infektion grosse Mengen des Virus aus. Die Inkubationszeit liegt zwischen zwei und 14 Tagen. Für das Virus empfänglich sind alle Klauentiere, wobei Rinder, Schafe und Schweine die Wichtigsten sind. Neben akut erkrankten Tieren kann das Virus jedoch auch bei allen Tierarten symptomlos auftreten. Häufig würden laut Schüpbach aber Schafe keine oder nur schlecht erkennbare Symptome zeigen. Auch Neuweltkameliden, Wildwiederkäuer und Wildschweine können laut der Epidemiologin betroffen sein. Diese hätten bei vergangenen Ausbrüchen in Europa aber keine relevante Rolle bei der Übertragung der Krankheit gespielt. Für den Menschen stellt die Krankheit kein Problem dar. Folgende Symptome zeigen erkrankte Tiere:
Rind
- Oft sehr schwerer Krankheitsverlauf
- Hohes Fieber
- Blasen/Aphten an Maul, Zunge, Euter
- Speicheln
- Kaustörungen
- Milchrückgang
- Todesfälle bei Kälbern
Schwein
- Blasen/Apthen hauptsächlich an Klauen, auch Rüsselscheibe
- Fieber
- Lahmheit, Festliegen
- Plötzlicher Ferkeltod
Schaf, Ziege
- Milde oder nicht sichtbare Erkrankung
- Lahmheit
- Gegebenenfalls Blasen an Lippen, Maulhöhle, Euter, Zwischenklauenspalt, Kronrand
- Die MKS ist meldepflichtig. Behandlungsmöglichkeiten gibt es keine. Ist auf einem Betrieb ein Tier erkrankt, müssen alle Klauentiere getötet und unschädlich beseitigt werden.